Reptil, hier ein kenianisches Chamäleon von unten gesehen.
Foto: Ina Blanke
Kein Reptil, sondern ein Frosch, also eine Amphibie.
Ebenfalls aus Kenia.
Foto: Ina Blanke
Amphibien sind die ursprünglichsten Landwirbeltiere; sie müssen zur Fortpflanzung noch immer das Wasser aufsuchen, ihre zarte und drüsenreiche Haut ist empfindlich gegen Austrocknung.
Dagegen gelang den Reptilien als ersten Wirbeltieren die dauerhafte Eroberung des Landes.
Dies ging mit einer Reihe verschiedener Anpassungen bzw. Neuentwicklungen einher. Diese „Reptilienerfindungen“ - und gleichzeitig wichtige Kennzeichen für ihre Erkennung - sind:
Ihre Eihaut ( das sog. Amnion)
macht ein Larvenstadium in Gewässern überflüssig. Im Ei (bzw. in der Amnionhöhle) kann sich der Embryo wie in einem Miniaturaquarium (das das notwendige Wasser und die Nährstoffe enthält) entwickeln (Details zur Individualentwicklung von Reptilien ). Die Eischale kann pergamentartig oder hartschalig sein.
Durch die Unabhängigkeit vom Lebensraum Wasser ist auch eine wasserdurchlässige Haut nicht mehr notwendig. Vielmehr gilt es, Wasserverluste in trockener Umgebung zu reduzieren und für einen gewissen Sonnenschutz zu sorgen. Beides gewährleistet die Ausbildung einer schützenden Hornschicht. Diese Hornschicht ist in
Schuppen und Schilder gegliedert. Diese stellen wichtige Merkmale für die
Bestimmung von Reptilien dar und erlauben eine sichere Unterscheidung von Amphibien: Eine Eidechse ohne Schuppen ist keine Eidechse, sondern ein Schwanzlurch (z. B. ein Molch).
Während die aus Hautknochen gebildeten Schuppen der Fische mit ihrem Träger mitwachsen, müssen sich Reptilien regelmäßig häuten (gleiches gilt für die Mauser der Vögel, deren Federn aus den Hornschuppen der Reptilien hervorgegangen sind).
Die starre Haut von Echsen und Schlangen wird mehrmals im Jahr mehr oder minder zusammenhängend (beinlose Arten) oder in Fetzen abgestreift. Vor der Häutung wirken die Tiere oft farblos, bei Schlangen sind die Augen deutlich eingetrübt (Abb. s. u.). Die abgestriffenen Schlangenhäute werden als „Natternhemd“ bezeichnet.
Schildkröten und die meisten Echsen haben vier Extremitäten, also Paare von Vorder- und Hinterbeinen. Die Vorder- und Hinterfüße tragen jeweils fünf Zehen. Bei den Echsen zeigt sich wiederholt (z. B. bei der Blindschleiche) eine Tendenz zur
Rückbildung der Gliedmaßen .
Schlangen besitzen generell keine Beine mehr. Ihr Knochengerüst besteht hinter dem Kopf aus zahlreichen Wirbeln und Rippen. Die Spitzen ihrer Rippen reichen in Widerlager aus Hautmuskeln, die wiederum mit den großen Bauchschildern verbunden sind. Die Schilder werden durch das Zusammenspiel von Muskeln und Rippen in Unebenheiten des Untergrunds gepresst; die Schlange schiebt sich dann Schild für Schild weiter und kann so ein erstaunliches Tempo erreichen.
Man vermutet, dass wühlende Vorfahren den Übergang von beintragenden Echsen zu beinlosen Schlangen einleiteten, da Beine unter der Erde eher hinderlich sind. Hierfür spricht auch der Bau des Schlangenauges: Ober- und Unterlid sind bei ihnen verwachsen und durchsichtig, die Lider sind also in Form eines Fensters ausgebildet und lassen so das Licht durch. Derartig verwachsene Augenlider („Brillen“) haben auch Geckos und einige Eidechsen (z. B. bei
Ophisops elegans , Europäische Schlangenaugen-Eidechse). Weitere „Reptilienerfindungen“ sind eine weitgehende Trennung des Blutkreislaufes und eine deutliche Steigerung der Lungenleistung. Daher sind Reptilien weitaus schneller und ausdauernder als Amphibien, wenngleich sie in dieser Hinsicht mit Vögeln oder Säugetieren nicht mithalten können.
Schlingnatter vor der Häutung.
Foto: Ina Blanke
Aktivität und Thermoregulation
Die anderen höheren Wirbeltiere (Vögel und Säuger) bilden ihre Körperwärme als Nebenprodukt des Stoffwechsels selbst. Dagegen produzieren Reptilien selbst nur wenig Wärme und sind thermisch schlecht isoliert. Der Wärmeaustausch mit der Umgebung spielt für sie eine überragende Rolle. Kriechtiere kontrollieren ihre Körpertemperatur mithilfe des (thermoregulatorischen) Verhaltens; sie suchen jeweils gezielt ein geeignetes Mikroklima auf (z. B. einen schattigen Bereich zur Abkühlung oder eine Wärmeinsel zum Aufheizen). Zu bestimmten Tages- und Jahreszeiten und in klimatisch extremen oder sehr strukturarmen Lebensräumen kann so allerdings die benötigte Temperatur nicht erreicht werden, eine Aktivität wird für sie daher unmöglich. Diesem Nachteil der Beschränkung von Aktivitätsphasen und möglichen Lebensräumen steht ein im Vergleich zu Säugern und Vögeln weitaus geringerer Energieverbrauch gegenüber. Reptilien benötigen daher viel weniger Nahrung und Wasser. Sie können so einen ungleich größeren Anteil der aufgenommenen Energie in Wachstum und Fortpflanzung investieren.
Viele Temperaturen auf engem Raum – Zauneidechse am „Lieblingsplatz“.
Foto: Ina Blanke
Fortpflanzung von Reptilien
Viele Reptilien zeigen ein hochentwickeltes Sozialverhalten, oftmals laufen Paarungen oder auch Kämpfe rivalisierender Männchen nach festen Spielregeln ab. Die Paarungen werden durch bestimmte Verhaltensweisen - wie dem „Hochzeitsmarsch“ von Eidechsen oder der Schwimmbalz von Sumpfschildkröten - eingeleitet. Es erfolgt eine innere Befruchtung der dotterreichen Eier. Der Aufbau der Eier und die Embryonalentwicklung entspricht im Wesentlichen dem der Reptilien-Abkömmlinge, der Vögel.
Die Weibchen legen ihre Eier an für die weitere Entwicklung geeigneten Stellen ab. Die Herrichtung der Gelegestandorte ist oft außerordentlich mühsam und erfordert mitunter lange Anwanderungen. Für eine erfolgreiche Entwicklung der Eier sind einerseits möglichst hohe Temperaturen für eine schnelle Entwicklung und andererseits ein Schutz vor Überhitzung (Zerstörung von Eiweiß bei Temperaturen über 40° C) und vor Austrocknung notwendig.
Üblicherweise werden Reptilien-Gelege durch die Sonne (z. B. Zauneidechse) und/oder durch Verrottungswärme organischer Substanzen (z. B. Ringelnatter) bebrütet. Arten aus kühleren Gefilden legen oftmals keine Eier ab, sondern bringen vollentwickelte Jungtiere zur Welt (z. B. Waldeidechse, Blindschleiche und Kreuzotter). Bei diesen lebendgebärenden Arten erfolgt gesamte Embryonalentwicklung im Mutterleib. Die zarten Eihüllen werden kurz vor, während oder unmittelbar nach der Geburt (= Eiablage) gesprengt.
Im Tagesverlauf kann das trächtige Weibchen verschiedene wärmebegünstigte Stellen aufsuchen und so die Entwicklungsbedingungen gegenüber einer Ablage im Boden entscheidend verbessern. Auf diese Weise können auch Regionen besiedelt werden, die für eierlegende Arten viel zu kühl wären; Waldeidechse und Kreuzotter leben auch nördlich des Polarkreises.
Oviparie : Eihüllen von Europäischen Sumpfschildkröten nach erfolgreichem Schlupf.
Foto: Ina Blanke
Ovoviviparie : Geburt einer Diamant-Schwimmnatter (Nerodia rhombifer ).
Foto: en:User: Dawson - en: User: Dawson, CC BY-SA 2.5,
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3405746
Insbesondere bei größeren und wehrhaften Reptilienarten ist mitunter eine weiterreichende Brutpflege zu beobachten. So bewachen Krokodile ihre Gelege und die Jungtiere. Die Weibchen der größeren Python-Arten erhöhen ihre Körpertemperatur und umschlingen ihr Gelege, welches so im Verlauf von zwei bis drei Monaten erbrütet wird.
Reptilienjunge stellen Miniaturausgaben ihrer Eltern dar. Sobald die letzten Dotterreste im Darm aufgebraucht sind, beginnen sie mit ihrer eigenständigen Nahrungssuche.
Systematische Stellung der in Deutschland lebenden Reptilien
In der klasssichen Systematik sind Reptilien eine Klasse der Wirbeltiere. Diese enthält jedoch nicht alle Untergruppen, die auf eine gemeinsame Stammform zurückgehen. Fachlich nennt man das eine paraphyletische Gruppe, hier aufgrund des Fehlens der Vögel. Bildlich könnte man sagen, dass die Vögel bei dieser Einteilung quasi fälschlicherweise auf einem eigenen Baum sitzen. Denn sie und die Reptilien haben die selben Vorfahren und sitzen daher eigentlich auf dem selben Stamm - wie die Schildkröten und Enten auf dem Foto oben. HUXLEY schlug daher schon 1864 vor, Reptilien und Vögel gemeinsam als Sauropsiden zu bezeichnen.
Noch ältere Vorfahren teilen sich die beiden auch mit den heutigen Säugetieren. Säugetieren (Mammalia) und Sauropsiden (Reptilien und Vögel) wurden gemeinsam als Amnioten bezeichnet.
Was das Amnion ist, wird (fast) ganz oben auf dieser Seite beschrieben (im zweiten Absatz).
Wichtig ist zu wissen ist vor allem, dass Reptililen zu unserer Verwandtschaft zählen. Das ist in der klassischen Systematik aber nicht deutlich wird. Denn die sieht so aus:
Unterreich: Metazoa (Vielzellige Tiere)
Stamm: Chordata (Chordatiere)
Unterstamm: Vertebrata (Wirbeltiere)
Überklasse: Gnathostoma (Kiefermäuler)
Reihe: Tetrapoda (Landwirbeltiere)
Klasse: Reptilia Kriechtiere
Angaben in [ ] kennzeichnen parallel verwendete Gattungsnamen.
Datenquelle: THE REPTILE DATABASE (reptile-database.org), Stand 2022:
Ordnung Testudines Schildkröten
Unterordnung
Cryptodira
Überfamilie
Testudinoidea
Familie
Emydidae Sumpfschildkröten
Gattung
Emys Europ. Sumpfschildkröten
Emys orbicularis (LINNAEUS, 1758), Europ. Sumpfschildkröte
Ordnung
Squamata Schuppenkriechtiere
Unterordnung
Sauria Echsen
Überfamilie
Diploglossa
Familie
Anguidae Schleichen
Gattung
Anguis Schleichen
Anguis fragilis (LINNAEUS, 1758), Westliche Blindschleiche
Überfamilie Lacertoidea
Familie
Lacertidae Echte Eidechsen
Gattung
Lacerta Smaragdeidechsen
Lacerta agilis (LINNAEUS, 1758), Zauneidechse
Lacerta viridis (LAURENTI, 1768) Smaragdeidechse
Lacerta bilineata (DAUDIN, 1802), Westliche Smaragdeidechse
Gattung
Podarcis Mauereidechsen
Podarcis muralis (LAURENTI, 1768), Mauereidechse
Gattung
Zootoca Waldeidechse
Zootoca vivipara (LICHTENSTEIN, 1823), Waldeidechse
Unterordnung
Serpentes Schlangen
Überfamilie
Lacertoidea
Familie
Colubridae Nattern
Gattung
Coronella Glattnattern
Coronella austriaca (LAURENTI,1768), Schlingnatter = Glattnatter
Gattung
Zamenis
Zamenis [
Elaphe ]
longissima (LAURENTI, 1768), Äskulapnatter
Gattung
Natrix Schwimmnattern
Natrix natrix (LINNEAUS, 1758), Gemeine Ringelnatter
Natrix helvetica (LACÉPÈDE, 1789), Barren-Ringelnattter
Natrix tessellata (LAURENTI, 1768), Würfelnatter
Familie
Viperidae Ottern
Gattung
Vipera Eurasische Ottern
Vipera berus (LINNEAUS, 1758), Kreuzotter
Vipera aspis (LINNEAUS, 1758), Aspisviper
Die Stammreptilien (
Coylosauria ) entstanden vor etwa 350 Millionen Jahren, im Karbon. Am Ende des Perm (vor 225 Millionen Jahren), also im ausgehenden Erdaltertum (
Paläozoikum ), wurde ein erster Höhepunkt der Artenvielfalt erreicht. Die Reptilienfauna des Oberperm wurde allerdings durch das größte Massenaussterben der Erdgeschichte stark dezimiert.
Im Erdmittelalter, dem Mesozoikum, folgte dann die Blütezeit der Reptilien, die am Ende des Trias die größte Mannigfaltigkeit an Erscheinungsformen und systematischen Gruppen erreichte: Zu den Archosauriern zählen die Dinosaurier, Flugsaurier und die Krokodile, die Vögel stellen eine spätere Weiterentwicklung dar (manche Wissenschaftler sehen sie als die heute noch lebenden Dinosaurier an). Brückenechsen, Echsen, Schlangen und Doppelschleichen gehören dagegen zu den Lepidosauriern. Heute ausgestorben sind die wasserbewohnenden Reptilien aus dem Zweig der Sauropterygier.
In Jura und Kreide beherrschten Dinosaurier Wasser, Land und Luft.
Europasaurus holgeri waren ungewöhnlich kleine Saurier. Ihre Überreste wurden am nördlichen Rand des Harzes (im Steinbruch Langenberg bei Bad Harzburg) gefunden.
Diese Repliken stehen vor dem Naturhistorischen Museum in Braunschweig.
Foto: Ina Blanke
Insgesamt waren Dinosaurie etwa 170 Millionen Jahre auf der Welt, ihre Vorherrschaft dauerte etwa 130 Millionen Jahre. Keine andere Tiergruppe dominierte so lange die Erde wie die Dinosaurier. Vor circa 65 Millionen Jahren, am Übergang von Kreidezeit zu Tertiär (der Erdneuzeit), kam es wiederum zu einem Massenaussterben, die Ära der Dinosaurier ging im Verlauf einiger Jahrmillionen zu Ende und der Erfolg der Säugetiere begann. Einige Reptiliengruppen überlebten jedoch auch das Tertiär und bis ins Quartär, also bis heute.
Diese Gruppen brachten beispielsweise im Tertiär die Gattung
Lacerta hervor, deren Evolution im Frühen Miozän in Kleinasien begann. Die Zauneidechse entstand dann als Art im Späten Miozän und Frühen Pliozän. Unsere Natternarten wie
Natrix natrix (Ringelnatter) und
Natrix tessellata (Würfelnatter) entstanden vermutlich bereits im Frühen Miozän.
Durch die Eiszeiten im Quartär wurden die verschiedenen Refugien der Reptilien lange Zeit von einander isoliert, was zur Bildung von Unterarten beitrug.
Seitenanfang